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Urteil zu Compact-Magazin: Warum das Verbot des rechtsextremen Mediums aufgehoben wurde

today24.06.2025 1

Hintergrund
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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Verbot des als rechtsextrem eingestuften „Compact“-Magazins aufgehoben. Trotz verfassungsfeindlicher Inhalte entschieden die Richter, dass ein komplettes Verbot gegen die Pressefreiheit verstoßen würde. Ein Fall, der grundlegende Fragen zum Umgang mit extremistischen Publikationen in Deutschland aufwirft und die Grenzen staatlicher Eingriffe in die Medienlandschaft neu definiert.

Was ist das „Compact“-Magazin und warum wurde es verboten?

Urteil zu Compact-Magazin: Warum das Verbot des rechtsextremen Mediums aufgehoben wurde
Symbolbild (KI-generiert)

Das seit 2010 erscheinende „Compact“-Magazin steht unter Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden. Während das Bundesamt für Verfassungsschutz es als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ führt, stuft der brandenburgische Verfassungsschutz es sogar als „erwiesen rechtsextremistisch“ ein. Dem Magazin und seinen Begleitkanälen wie „Compact-TV“ wird vorgeworfen, antisemitische, rassistische und verschwörungstheoretische Inhalte zu verbreiten.

Vor einem Jahr, im Juni 2024, hatte die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein Verbot des Magazins und seiner zugehörigen Firmen verfügt. Sie bezeichnete „Compact“ als „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ und legte über 240 Seiten mit Belegstellen für Menschenwürdeverletzungen, Demokratiefeindlichkeit sowie rassistische und antisemitische Äußerungen vor. Das Verbot erfolgte auf Grundlage des Vereinsrechts, was bereits damals von Rechtsexperten kritisch gesehen wurde.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Die Leipziger Richter haben nun einen Schlussstrich unter diesen Rechtsstreit gezogen und das Verbot für rechtswidrig erklärt. In ihrer Urteilsbegründung räumten sie zwar ein, dass „Compact“ durchaus verbotsrelevante Aussagen enthalte, diese hätten jedoch keinen prägenden Charakter, der ein vollständiges Vereinsverbot rechtfertigen würde. Das Gericht betonte die besondere Bedeutung der im Grundgesetz verankerten Presse- und Meinungsfreiheit.

Viele der beanstandeten Äußerungen seien als „überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik“ zu werten. Selbst die Verwendung von Begriffen wie „Remigration“ oder „Schuldkult“ falle unter den Schutz der Meinungsfreiheit und rechtfertige kein Totalverbot des Magazins.

Grundsätzliche Bedeutung des Urteils

Das Urteil hat über den Einzelfall hinaus grundlegende Bedeutung für die Frage, inwieweit der Staat gegen extremistische Publikationen vorgehen kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, über das Vereinsrecht auch Medien zu verbieten, betonte aber gleichzeitig die hohen Hürden, die dafür überwunden werden müssen.

Interessanterweise kam es nicht zu einem umfassenden Grundsatzurteil, das die generelle Vereinbarkeit von Medienverboten über das Vereinsrecht mit der Verfassung geklärt hätte. Stattdessen konzentrierte sich das Gericht auf den konkreten Fall und die Verhältnismäßigkeit des Verbots.

Reaktionen auf die Gerichtsentscheidung

Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer, der enge Verbindungen zum Identitären-Bewegung-Aktivisten Martin Sellner pflegt, wertete das Urteil erwartungsgemäß als „großen Sieg für die Pressefreiheit“. Er sah darin auch einen indirekten Schutz für die AfD, da ein Verbot von „Compact“ seiner Meinung nach unmöglich gewesen sei.

Überraschend positiv äußerte sich auch die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen, die das Urteil als richtig bezeichnete. Sie argumentierte, dass in einer Demokratie die Grundrechte auch für politisch extreme Positionen berücksichtigt werden müssten.

Das Bundesinnenministerium musste die Niederlage hinnehmen, nachdem der Versuch gescheitert war, über den Umweg des Vereinsrechts gegen das Magazin vorzugehen. Kritiker sahen diesen Ansatz von Anfang an als konstruiert und rechtlich fragwürdig an.

Bedeutung für den Umgang mit rechtsextremen Medien

Der Fall „Compact“ zeigt die Gratwanderung, die der demokratische Rechtsstaat beim Umgang mit extremistischen Publikationen bewältigen muss. Einerseits gibt es ein berechtigtes Interesse, gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen vorzugehen. Andererseits sind Presse- und Meinungsfreiheit hohe Güter, die nur unter strengen Voraussetzungen eingeschränkt werden dürfen.

Das Urteil verdeutlicht, dass selbst bei Medien, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft werden, ein pauschales Verbot rechtlich kaum durchsetzbar ist. Stattdessen müssten differenziertere Maßnahmen gefunden werden, um demokratiefeindlichen Inhalten zu begegnen, ohne die Grundprinzipien der Pressefreiheit zu verletzen.

Für die Zukunft stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber spezifischere Regelungen für den Umgang mit extremistischen Medien schaffen sollte oder ob die bestehenden Instrumente wie das Straf- und Medienrecht ausreichen. Der Fall „Compact“ hat jedenfalls gezeigt, dass der Versuch, über das Vereinsrecht Publikationen zu verbieten, an verfassungsrechtliche Grenzen stößt.

Geschrieben von: RadioMonster.FM

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