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Die Musikindustrie boomt wie nie zuvor – doch bei den Künstlern selbst kommt davon kaum etwas an. Ein besonders erschreckendes Beispiel liefert die deutsche Popmusikerin Balbina, die trotz 20 Jahren Erfahrung und fünf veröffentlichten Alben im vergangenen Jahr gerade einmal 343,36 Euro über Spotify verdient hat. Das entspricht mageren 94 Cent pro Tag – und das bei beachtlichen 24.000 monatlichen Hörern auf der Plattform. „Ich mache Musik, um zu überleben. Aber ich überlebe nicht, weil ich Musik mache“, erklärt die Künstlerin in einem Interview mit dem Zeitmagazin. Während sie früher noch gut von CD-Verkäufen leben konnte, steht sie heute stellvertretend für tausende Musikschaffende, die im Streaming-Zeitalter um ihre Existenz kämpfen müssen.
Balbina, 1983 in Warschau geboren, ist in der deutschen Musikszene keine Unbekannte. Seit zwei Jahrzehnten macht sie Musik und hat kürzlich ihr fünftes Album „Infinity Tunes“ veröffentlicht. Dennoch reichen ihre Streaming-Einnahmen nicht einmal für einen Monatsticket im öffentlichen Nahverkehr. Damit ist sie kein Einzelfall, sondern vielmehr ein Symptom eines größeren Problems in der Musikbranche.
Herbert Grönemeyer findet im Zeitmagazin deutliche Worte für das aktuelle Vergütungsmodell: „Ich halte das aktuelle Bezahlmodell für ein verbrecherisches System.“ Er warnt eindringlich davor, dass der sogenannte Mittelbau der Musikszene – professionelle Künstlerinnen und Künstler jenseits des Mainstreams – zunehmend verschwindet. „Der Mittelbau kippt weg“, so Grönemeyer, der Balbina zu den bedeutendsten Künstlerinnen Deutschlands zählt.
Das Kernproblem liegt im Abrechnungsmodell der Streaming-Dienste. Spotify arbeitet mit einem anteiligen Verteilungssystem, bei dem die Gesamteinnahmen nach Marktanteil der Künstler verteilt werden. Dies begünstigt vor allem große Namen und benachteiligt systematisch Independent-Künstler. Besonders kritisch sehen viele Musiker die sogenannten Discovery-Mode-Deals bei Spotify: Hier verzichten Künstler auf einen Teil ihrer ohnehin schon geringen Einnahmen, um vom Algorithmus bevorzugt behandelt zu werden.
„Musikschaffende müssen fair bezahlt werden“, fordert Balbina, die sich auch politisch für Veränderungen einsetzt und mit Niklas Nienaß, einem Mitglied des Europäischen Parlaments, zusammenarbeitet. Auch Peter Maffay hat sich der Kritik an den Streaming-Diensten angeschlossen und bemängelt die geringe Transparenz sowie die niedrigen Ausschüttungen.
Der Kontrast könnte kaum größer sein: Während die Musikindustrie boomt, leiden die Kreativen. Laut dem Bundesverband Musikindustrie erreichte der Umsatz mit Musik in Deutschland 2024 beeindruckende 2,38 Milliarden Euro – das sechste Wachstumsjahr in Folge. Streaming macht dabei inzwischen 78,1 Prozent aller Umsätze aus. Spotify selbst gibt an, im Jahr 2023 rund 480 Millionen Euro an deutsche Künstler ausgeschüttet zu haben, was einer Steigerung von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprechen soll.
Doch diese Zahlen spiegeln nicht die Realität der meisten Musikschaffenden wider. Während die Branche insgesamt floriert, wird der Kuchen immer ungleicher verteilt. Viele Künstler sind zudem an veraltete Verträge gebunden, die nicht für das Streaming-Zeitalter konzipiert wurden.
Die prekäre finanzielle Situation hat weitreichende Folgen für das kulturelle Leben. „Früher konnte ich gut von meiner Musik leben, besonders durch CD-Verkäufe. Das ist heute anders“, erklärt Balbina. Die Künstlerin erinnert sich sogar nostalgisch an frühere Jobs außerhalb der Musikbranche: „Ich vermisse das Gefühl, abends nach Hause zu kommen und etwas geschafft zu haben. Das hast du hier nie.“
Die Frage, die sich zunehmend stellt: Wer kann es sich in Zukunft überhaupt noch leisten, professionell Musik zu machen? Wenn selbst etablierte Künstlerinnen wie Balbina mit 24.000 monatlichen Hörern weniger als einen Euro pro Tag verdienen, droht eine kulturelle Verarmung. Besonders betroffen sind dabei Künstler, die abseits des Mainstreams arbeiten und experimentellere Musik machen.
Verschiedene Alternativen zum aktuellen Modell werden diskutiert. Ein vielversprechender Ansatz wäre ein nutzerzentriertes Abrechnungsmodell, bei dem die Abo-Gebühren eines Nutzers direkt an die von ihm gehörten Künstler fließen – und nicht in einen großen Pool, der hauptsächlich den Megastars zugutekommt.
Andere Plattformen wie Bandcamp haben bereits bewiesen, dass fairere Modelle möglich sind. Dort fließen deutlich höhere Anteile direkt an die Künstler. Auch politische Lösungen werden gefordert: Strengere Regulierungen könnten die Streaming-Dienste zu transparenteren und faireren Auszahlungsmodellen verpflichten.
Bis dahin bleiben vielen Musikerinnen und Musikern nur alternative Einnahmequellen: Konzerte, Merchandise oder direkte Unterstützung durch Fans über Plattformen wie Patreon. Doch gerade in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten und zunehmender Konkurrenz im Live-Bereich reicht auch das für viele nicht mehr zum Überleben.
Die 343,36 Euro, die Balbina im letzten Jahr von Spotify erhielt, sind mehr als nur eine Zahl – sie sind ein Alarmsignal für die Zukunft der Musikkultur. Wenn selbst etablierte Künstler mit treuer Fangemeinde nicht mehr von ihrer Kunst leben können, steht die Vielfalt unserer Musiklandschaft auf dem Spiel.
Geschrieben von: RadioMonster.FM
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