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Thom Yorke nimmt Stellung zum Israel-Palästina-Konflikt: „Ich unterstütze keinen Extremismus“

today02.06.2025 21

Hintergrund
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In einem emotionalen und ausführlichen Statement hat Radiohead-Frontmann Thom Yorke endlich seine Position zum israelisch-palästinensischen Konflikt dargelegt. Nach monatelanger Kritik an seinem vermeintlichen Schweigen zu den Geschehnissen in Gaza erklärt der Sänger nun deutlich seine Haltung gegenüber beiden Konfliktparteien. Yorke verurteilt sowohl die israelische Regierung unter Benjamin Netanyahu als auch die Hamas-Organisation und betont, dass er „keine Form von Extremismus“ unterstütze.

Ein Zwischenfall als Auslöser

Thom Yorke nimmt Stellung zum Israel-Palästina-Konflikt:
Javier Mejia Garcia, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Auslöser für Yorkes umfassende Stellungnahme war ein Vorfall während eines Solokonzerts in Melbourne 2023, bei dem ein Protestierender ihn aus dem Publikum heraus konfrontierte. „Ein Typ schrie aus der Dunkelheit, als ich mich auf den letzten Song vorbereitete. Das war nicht der beste Zeitpunkt, um über die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen zu sprechen“, erinnert sich Yorke. Er verließ daraufhin kurzzeitig die Bühne, kehrte jedoch zurück, um Radioheads „Karma Police“ zu spielen.

In seinem achtseitigen Statement zeigt sich der Musiker „schockiert“ darüber, dass sein „vermeintliches Schweigen irgendwie als Mittäterschaft interpretiert wurde“. Er betont: „Mein Schweigen sollte Respekt für die Opfer zeigen und nicht als Gleichgültigkeit missverstanden werden.“

Klare Worte gegen Netanyahu und Hamas

Yorke findet deutliche Worte für die israelische Regierung: „Ich denke, Netanyahu und seine extremistische Truppe sind komplett außer Kontrolle und müssen gestoppt werden. Die internationale Gemeinschaft sollte allen möglichen Druck ausüben, um sie zum Aufhören zu zwingen.“ Das Selbstverteidigungsargument Israels bezeichnet er als nicht mehr glaubwürdig und sieht darin vielmehr den „durchsichtigen Wunsch, die Kontrolle über den Gazastreifen und das Westjordanland dauerhaft zu übernehmen.“

Gleichzeitig kritisiert der Musiker auch die Hamas scharf und wirft ihr vor, „sich hinter dem Leid ihres Volkes zu verstecken“. Er stellt unbequeme Fragen: „Warum sind alle Geiseln noch nicht befreit? Warum kam es zum Massaker am 7. Oktober? Hamas nutzt auch zynisch das Leid seiner Bürger aus.“ Yorke macht unmissverständlich klar, dass er „keine Form von Extremismus, Nationalismus oder Enthumanisierung“ unterstütze.

Kritik an der Hexenjagd in sozialen Medien

Ein weiterer wichtiger Aspekt in Yorkes Statement ist seine Kritik an der Art, wie die öffentliche Debatte zu diesem Thema geführt wird. Er spricht von einer „Hexenjagd“ in sozialen Medien, die Künstler unter Druck setzt, sofort Position zu beziehen. „Polarisierung und Druck in sozialen Medien helfen nicht. Sie vertiefen nur die Spaltungen und Isolation – genau das, wovon Extremisten profitieren“, erklärt er.

Stattdessen plädiert Yorke für echte Debatten, die persönlich geführt werden und einen aufrichtigen Willen zur Beendigung der Gewalt zeigen. Er betont, dass echte Veränderungen durch Verständnis, Dialog und gemeinsames Streben nach Frieden erreicht werden sollten, anstatt nur oberflächliche Posts zu erstellen.

Radioheads komplizierte Beziehung zu Israel

Radiohead hat in der Vergangenheit mehrfach in Israel gespielt und wurde bereits 2017 für ein Konzert in Tel Aviv kritisiert. Damals verteidigte Yorke die Entscheidung mit den Worten: „In einem Land zu spielen bedeutet nicht, seine Regierung zu unterstützen. Wir unterstützen Netanyahu nicht mehr als Trump.“

Die Band steht auch durch persönliche Verbindungen mit Israel in Beziehung: Jonny Greenwood, Bandmitglied sowohl bei Radiohead als auch bei Yorkes Nebenprojekt The Smile, ist mit der israelischen Künstlerin Sharona Katan verheiratet und hat mehrfach mit dem israelischen Musiker Dudu Tassa zusammengearbeitet, was ihm Kritik wegen angeblichem „Artwashing“ einbrachte.

Gleichzeitig hat Radioheads Gitarrist Ed O’Brien erst kürzlich einen sofortigen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln gefordert, was die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Band widerspiegelt.

Die humanitäre Krise im Fokus

In seinem Statement lenkt Yorke den Blick auch auf die humanitäre Katastrophe in Gaza. Die UN warnt, dass die Region zur „hungrigsten Region der Erde“ geworden ist und die gesamte Bevölkerung von einer Hungersnot bedroht sei. Der Zugang zu Hilfsgütern wird durch fortschreitende militärische Aktionen weiter erschwert, während bei israelischen Angriffen auf zivile Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser weiterhin Menschen sterben.

Yorkes differenzierte Stellungnahme zeigt die Komplexität des Konflikts und die Schwierigkeit für Künstler, in dieser polarisierten Debatte Position zu beziehen, ohne missverstanden zu werden. Mit seinem Statement versucht er, über simplifizierende Schwarz-Weiß-Denkmuster hinauszugehen und für mehr Menschlichkeit und Dialog zu werben – fernab von Extremismus jeglicher Art.

Geschrieben von: RadioMonster.FM

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