Musik

Stereolab: Instant Holograms on Metal Film – Das spirituelle Comeback der Retro-Futuristen

today23.05.2025 5

Hintergrund
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Nach 15 Jahren Pause melden sich Stereolab mit einem Album zurück, das nicht nur musikalisch begeistert, sondern auch spirituelle Tiefen erkundet. „Instant Holograms on Metal Film“ verbindet retrofuturistische Klangwelten mit gesellschaftskritischen Texten und einer überraschenden emotionalen Offenheit. Was als kurzfristige Reunion für einige Konzerte begann, hat sich zu einem der bemerkenswertesten Comebacks der jüngeren Musikgeschichte entwickelt.

Retrofuturistische Träume mit progressiver Haltung

Stereolab: Instant Holograms on Metal Film - Das spirituelle Comeback der Retro-Futuristen
Niels Heidenreich, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Die Mischung aus Vintage-Synthesizern, französischem Pop der 60er Jahre und experimentellem Jazz bildet die vertraute Klangpalette, mit der Stereolab schon immer ihre Fans begeisterten. Doch auf „Instant Holograms on Metal Film“ wirkt dieser Sound wärmer und zugänglicher als je zuvor. Während die Band in der Vergangenheit oft für eine gewisse emotionale Kälte kritisiert wurde, präsentiert sie sich hier von einer überraschend persönlichen Seite.

Die Texte von Sängerin Laetitia Sadier verbinden politisches Bewusstsein mit spiritueller Tiefe. Im Track „Transmuted Matter“ thematisiert sie höhere Frequenzen und deren transzendentale Wirkung. „Ich wollte ausdrücken, dass wir als Menschen das Potenzial zur Transzendenz in uns tragen“, erklärt Sadier in einem Interview mit dem Magazin Tone Glow. „Die Zeile ‚holy human fully divine, fully entwined‘ ist ein Versuch, diese Dualität zu umarmen.“

Zwischen Klubtauglichkeit und Kunstanspruch

Musikalisch bewegt sich das Album nahtlos zwischen verschiedenen Stilen und Stimmungen. Der Eröffnungstrack „Aerial Troubles“ behandelt den Verfall der alten Welt und macht Hoffnungen für die Zukunft: „While offering antenatal care for the inception, Of the new yet undefined future.“ Das Stück löste in Fankreisen eine Debatte aus, als das dazugehörige Musikvideo veröffentlicht wurde, das ästhetisch an KI-generierte Bilder erinnert. Sadier stellte jedoch klar: „Wir wollten bewusst mit der Ästhetik spielen – es sollte wie ein KI-generiertes Video wirken. Das ist Teil unseres Kommentars zum Zeitgeist.“

Besonders überraschend sind die fast klubtauglichen Elemente auf dem Album. Der Track „Immortal Hands“ wechselt mitten im Stück zu einem funkigen Library-Sound, während „Electrified Teenybop!“ als fröhliches Instrumentalstück die punkigen Einflüsse von Gitarrist Tim Gane zur Geltung bringt. „Wir haben diesmal viel Wert auf Spontanität gelegt“, erläutert Gane. „Einige Tracks sind fast live im Studio entstanden – das hört man besonders bei Stücken wie ‚Electrified Teenybop!'“

Ein Handbuch für die Zukunft

Kritiker loben das Album einhellig als gelungene Rückkehr der Band. Das renommierte MOJO Magazin schreibt: „Es gibt eine echte und unmittelbare Wärme auf Instant Holograms On Metal Film, ein unverkennbares Hoffnungssignal … Die Detailverliebtheit verlangt Präsenz im Hier und Jetzt.“ Weiter heißt es dort über die gesellschaftliche Relevanz: „Wenn die Moderne sich bereits im palliativen Stadium befindet, dann ist es Zeit, Geburtshelfer für eine neue Lebensweise zu werden.“

Das Stück „Melodie Is a Wound“ kritisiert die Manipulation von Diskurs durch Macht und den Tod der Wahrheit, verbindet jedoch Kritik mit Optimismus. Es erinnert in seiner Struktur an den Turmbau zu Babel, da es sich immer weiter in die Höhe schraubt. „Veromina F Transistor“ ermutigt mit der Zeile „I’m the creator of this reality…“ zur Selbstermächtigung in einer zunehmend entfremdeten Welt.

Besonders bemerkenswert ist die emotionale Tiefe des Albums. Das abschließende Lied „If You Remember I Forgot How To Dream pt2“ reflektiert über die Wichtigkeit zwischenmenschlicher Verbindungen: „It’s because I am you, it’s because you are me, two halves of one.“ Diese Botschaft der Einheit und Solidarität zieht sich als roter Faden durch das gesamte Werk.

Pitchfork beschreibt die Wirkung treffend: „Diese Lieder bieten Katharsis und Solidarität – eine Mischung, die dem Wesen von Stereolab am nächsten kommt.“ Und The Line of Best Fit ergänzt: „Für eine Gruppe, die oft für Kälte kritisiert wurde … klingt dieses Album warm und taktil.“

Für neue Hörer mag „Instant Holograms on Metal Film“ nicht sofort zugänglich sein. Doch gerade die Kombination aus komplexen Strukturen und emotionaler Offenheit macht das Album zu einem der spannendsten Releases dieses Jahres. Mit ihrem elften Studiowerk beweisen Stereolab eindrucksvoll, dass sie auch nach 15 Jahren Pause nichts von ihrer Relevanz und ihrem musikalischen Innovationsgeist eingebüßt haben.

Geschrieben von: RadioMonster.FM

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