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Helmut Thoma: Der TV-Pionier, der das deutsche Privatfernsehen prägte, ist verstorben

today26.05.2025 14

Hintergrund
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Der ehemalige RTL-Chef Helmut Thoma ist am 3. Mai 2025, seinem 86. Geburtstag, in Wien an Herzversagen verstorben. Die Nachricht wurde erst gestern von seiner Familie bekannt gegeben. Thoma, der als „König des deutschen Privatfernsehens“ galt, hinterlässt ein beeindruckendes Vermächtnis in der deutschen Medienlandschaft. Mit seinem legendären Motto „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“ revolutionierte er das Fernsehen und führte RTL zu einem der erfolgreichsten Sender im deutschsprachigen Raum.

Vom Molkereilehrling zum Medienimperium-Erbauer

Helmut Thoma: Der TV-Pionier, der das deutsche Privatfernsehen prägte, ist verstorben
9EkieraM1, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Helmut Thoma begann seine Karriere fernab der Medienwelt. Nach einer Molkereilehre und einem Jurastudium startete er beim Österreichischen Rundfunk (ORF), bevor er 1973 zu Radio Luxemburg wechselte. Dort legte er als Geschäftsführer den Grundstein für seine spätere RTL-Karriere. Mit der Liberalisierung des deutschen Fernsehmarkts erhielt er 1983 den Auftrag, einen Fernsehsender aufzubauen.

„Am Anfang sei RTL ein 25-Mann-Betrieb gewesen“, erinnerte sich Thoma später. Aus diesem kleinen Team formte er ein Medienimperium. Am 2. Januar 1984 nahm RTL den Sendebetrieb auf, wobei Thoma die Bertelsmann-Gruppe als wichtigen Finanzpartner gewinnen konnte. Ab 1991 fungierte er als alleiniger Geschäftsführer und machte RTL 1993 zum erfolgreichsten und profitabelsten Fernsehsender Europas.

Thoma veränderte die deutsche Fernsehlandschaft grundlegend. Er verpflichtete namhafte Moderatoren wie Thomas Gottschalk und Hans-Joachim Kulenkampff und etablierte bahnbrechende Formate. Die Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) gehört bis heute zu den erfolgreichsten Serien im deutschen Fernsehen. Auch Sendungen wie „Der Preis ist heiß“ und die umstrittene Erotikshow „Tutti Frutti“ gingen auf sein Konto.

Im Sportbereich sicherte er sich die Übertragungsrechte für die Formel 1 und die Champions League, was die Quoten von RTL in den 90er Jahren erheblich steigerte. „Ich bin zwar unmusikalisch und kann nicht malen, aber dieses Gefühl für das, was ankommt, hab‘ ich“, sagte Thoma 2002 in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

Kritiker warfen ihm vor, mit seinen Programmen auf Klamauk, Gewalt und Sex zu setzen. Thoma konterte solche Vorwürfe gelassen mit seinem berühmten Ausspruch: „Im Seichten kann man wenigstens nicht ertrinken.“ Er verspottete das öffentlich-rechtliche „Belehrungsfernsehen“ und schuf eine Alternative, die beim Publikum ankam.

Für seine Verdienste erhielt Thoma zahlreiche Auszeichnungen, darunter die „Goldene Kamera“ (1990), den „Bambi“ (1990), den „International Emmy Award“ (1994) und den „Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen“ (1995). 1989 wurde er zum „Medienmann des Jahres“ gekürt. Fred Kogel, ehemaliger Programmchef bei Sat.1, bezeichnete ihn als „König des deutschen Privatfernsehens“ – ein Titel, der ihm bis zu seinem Tod anhaftete.

Ende der 90er Jahre kam es zu Spannungen zwischen Thoma und dem Bertelsmann-Konzern, den er öffentlich als „elektronischen Rinderwahnsinn“ kritisierte. 1998 zog er sich aus der RTL-Geschäftsführung zurück und übergab die Verantwortung an Gerhard Zeiler. Anschließend arbeitete er als Medienberater für den damaligen NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD) und übernahm verschiedene Aufsichtsratsposten, unter anderem bei Mobilcom und Freenet.

Auch nach seiner Zeit bei RTL blieb Thoma dem Fernsehen verbunden. 2014 versuchte er mit dem Format „NIX“ beim Regionalsender NRW-TV, junge Zuschauer für das Live-Fernsehen zu begeistern – ein Projekt, das allerdings schnell endete. In einem Interview aus dem Jahr 2021 erklärte er: „Ich würde ungern sehen, dass RTL untergeht. Der Sender sei mein ‚Baby‘ gewesen.“

Thoma war mehrfach verheiratet, unter anderem mit seiner ehemaligen Assistentin Daniele Milbert, die ein Buch mit dem Titel „Mein Leben mit Mr. RTL“ über ihre Beziehung schrieb. Aus seiner ersten Ehe stammte sein Sohn Harald, mit dem er bis zuletzt engen Kontakt pflegte.

„Mein Vater war ein Mensch, der sich von niemanden verbiegen ließ. Ich habe ihn bewundert. Wir haben täglich miteinander telefoniert. Dabei habe ich mir auch manches Mal einen Spruch anhören müssen, aber genau das fehlt mir jetzt am meisten“, erklärte sein Sohn Harald nach seinem Tod.

Seine Witwe Danièle Thoma erinnerte an das Lebensmotto ihres Mannes: „Mein Mann hat immer gesagt, er möchte nicht in diesem riesigen Ameisenhaufen der Menschheit eine Normal-Ameise sein, er möchte wenigstens eine mit einer Schleife sein. Mit seinen Leistungen wollte er immer aus der Masse herausragen – und genau das ist ihm auch gelungen.“

Helmut Thoma lebte viele Jahre in der Nähe von Köln, pendelte später zwischen Wien und Luxemburg. Noch zu seinem 80. Geburtstag erwähnte er seine Leidenschaft für das Tauchen. Nun ist der TV-Pionier, der die deutsche Fernsehlandschaft nachhaltig verändert hat, für immer von der Bühne abgetreten.

Helmut Thoma

Geschrieben von: RadioMonster.FM

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