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Carlo von Tiedemann: NDR-Urgestein mit 81 Jahren verstorben

today08.06.2025 12

Hintergrund
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Die norddeutsche Fernseh- und Radiolandschaft trauert um einen ihrer markantesten Charaktere. Carlo von Tiedemann, bekannt für seine herzliche Art und seinen unverwechselbaren Humor, ist am Pfingstsonntag im Alter von 81 Jahren in Hamburg verstorben. Seine Ehefrau Julia bestätigte den Tod des beliebten Moderators und sprach davon, dass sein Ableben „eine große Erlösung für ihn“ gewesen sei. Nach jahrzehntelanger Präsenz in deutschen Wohnzimmern und einer Karriere voller Höhen und Tiefen hat das NDR-Urgestein nun für immer die Augen geschlossen.

Ein Leben für die Unterhaltung

Carlo von Tiedemann: NDR-Urgestein mit 81 Jahren verstorben
Martin1009, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Geboren am 20. Oktober 1943 in Stargard als Spross eines preussischen Adelsgeschlechts, entwickelte sich Carlo von Tiedemann zu einem der bekanntesten Gesichter des norddeutschen Fernsehens. Seine Familie flüchtete während des Zweiten Weltkriegs nach Holstein, wo er bereits als Klassenclown sein Talent für Unterhaltung entdeckte. Nach einer Ausbildung zum Verlagskaufmann und Stationen als Reporter bei verschiedenen Zeitungen fand er 1971 seinen Weg zum NDR – der Beginn einer beeindruckenden Karriere.

„Als ich gemerkt habe, dass man mit Sabbeln Geld verdienen kann, wusste ich: Das ist mein Ding“, beschrieb von Tiedemann einmal seinen Berufsweg. Diese Einstellung spiegelte sich in seiner Arbeit wider: Er moderierte zahlreiche erfolgreiche Formate wie die „NDR 2 Plattenkiste“, „Sweet, soft & lazy“ und war das Gesicht der „Aktuellen Schaubude“, die er fast 1.000 Mal bis 2004 präsentierte. Viele seiner Sendungen trugen seinen Namen, darunter „Carlos Koch-Chaos“ und „Carlo und Wigald auf Kur“.

Höhen und Tiefen eines bewegten Lebens: Von Tiedemanns Karriere war nicht nur von Erfolgen geprägt. In den 1980er Jahren geriet er in eine schwierige Lebensphase, die von Drogenmissbrauch und Spielsucht gekennzeichnet war. Er selbst bezeichnete diese Zeit später als „ein beschämendes Kapitel meines Lebens“. Trotz dieser Skandale hielten seine Fans zu ihm, was ihm half, seine Position beim NDR zu bewahren.

Neben seinen beruflichen Herausforderungen kämpfte von Tiedemann zeitlebens mit gesundheitlichen Problemen. Schon in seiner Kindheit litt er unter Kinderlähmung, später überstand er zwei Hirntumore. In den letzten vier Jahren wurde bei ihm Amyloidose diagnostiziert, was eine Herz-OP nach sich zog. Zuletzt war er wegen Wasseransammlungen in den Beinen stationär und hatte zuvor mit einer schweren Magenblutung zu kämpfen, bei der er etwa fünf Liter Blut verlor.

Ein Moderator mit Herz: Was Carlo von Tiedemann von vielen anderen Medienpersönlichkeiten unterschied, war seine Authentizität. Bettina Tietjen, langjährige Co-Moderatorin beim NDR, drückte es treffend aus: „Carlo war immer authentisch – vor wie hinter der Kamera ein Mensch mit großem Herz.“

Abseits der Kamera engagierte sich von Tiedemann für Bedurftige und wurde für sein soziales Engagement mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Besonders am Herzen lag ihm die Hamburger Stiftung Kinder-Hospiz „Sternenbrücke“, die nach seinem Tod würdigte: „Wir verlieren nicht nur einen Unterstützer unserer Arbeit, sondern auch einen Freund vieler Familien.“

Trauer um einen Publikumsliebling: NDR-Intendant Joachim Knuth verabschiedete sich mit emotionalen Worten: „Wenn auf einen Menschen die Bezeichnung ‚NDR Urgestein‘ zutrifft, dann ist es Carlo von Tiedemann. Mit seiner flapsigen, spontanen und herzlichen Art begeisterte er mehrere Generationen und gehörte unangefochten bis zuletzt zu unseren absoluten Publikumslieblingen.“ Er bezeichnete von Tiedemanns Tod als „herben Verlust“ und sprach sein Mitgefühl für die Familie aus.

Seine Ehefrau Julia Laubrunn gab gegenüber der Bild-Zeitung einen persönlichen Einblick in seine letzten Stunden: „Carlo ist heute um 14.30 Uhr von uns gegangen. Es war zum Schluss eine große Erlösung für ihn. Seine Kinder und ich waren in den letzten Tagen bei ihm, haben seine Hand gehalten. Er hat einfach aufgehört zu atmen.“

Ein Vermächtnis für die deutsche Medienlandschaft: Carlo von Tiedemann hinterlässt nicht nur seine Ehefrau Julia Laubrunn (59), die er 2012 geheiratet hatte, sondern auch vier Kinder: Viktoria (21), Nikolas (25), Lisa (34) und Theresa (44). Seine erste Ehe mit Dorothée Mattern endete 1988 nach acht Jahren.

Bis zuletzt blieb er seinem Publikum treu und moderierte die Radiosendung „Carlo kennt sie alle“ auf NDR Schlager. Auf die Frage nach seinem Ruhestand antwortete er einmal: „Das geht bei mir einfach nicht, ich muss immer irgendwas machen.“ Diese Einstellung und seine Leidenschaft für seinen Beruf machten ihn zu einem der letzten großen deutschen Entertainer. Er selbst sagte über seine Tätigkeit: „Ich hatte den besten Beruf der Welt.“

Zu Ehren seines Lebenswerks sendete das NDR Fernsehen eine Sondersendung, um seine über fünf Jahrzehnte dauernde Karriere zu würdigen – eine Karriere, die er selbst nie als Arbeit empfand: „Arbeit als solches habe ich nie als Arbeit kennengelernt. Ich habe wirklich immer nur Spaß gehabt.“

NDR Trauer

Geschrieben von: RadioMonster.FM

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