Vom Leibwächter zum Buchautor: Xalo Selams bewegender Weg aus der Kriminalität

Er war der Mann, der in der Deutschrap-Szene für Sicherheit sorgte, nun erzählt er seine eigene Geschichte: Xalo Selam, ehemaliger Leibwächter des verstorbenen Rappers Xatar, hat mit seiner Autobiografie „Niemand schlägt so hart zu wie das Schicksal. Aber ich habe es versucht“ für Aufsehen gesorgt. Der 1978 im Irak geborene und als Kind nach Deutschland geflüchtete Selam präsentierte sein Werk kürzlich vor ausverkauftem Haus im Kölner Kino Turistarama und zeigte damit eindrucksvoll seinen Wandel vom gefürchteten Türsteher zum reflektierten Buchautor.

Ein Leben zwischen Flucht, Gewalt und Neuanfang

„Ich habe viel in meinem Leben gesehen und viele Kämpfe gehabt, aber ehrlich gesagt, ich war noch nie so nervös wie heute“, gestand Xalo Selam bei seiner Buchpremiere. Kölns stellvertretender Oberbürgermeister Dr. Ralph Elster, der bei der Veranstaltung anwesend war, würdigte Selams Lebensweg mit bewegenden Worten: „Es ist am Anfang die Geschichte eines Kindes, gefangen in einer Welt voller Angst.“ Er beschrieb den Autor als „Straßenlegende“ und „Mythos“ im deutschen Rap-Kosmos, der sich zum Vorbild entwickelt habe.

Die Biografie, die im Next Level Verlag erschienen ist, umfasst 240 Seiten und kostet 20 Euro. Sie zeichnet den Weg eines Jungen nach, der im Kriegsgebiet geboren wurde, als Kind nach Deutschland flüchtete und hier in kriminelle Strukturen hineingewachsen ist. Dennis Sand, Co-Autor und Journalist, der Selam vor zehn Jahren kennenlernte, betont die emotionale Tiefe ihrer Zusammenarbeit: „Man kann ihm wahnsinnig gut zuhören, und man möchte einfach immer mehr und mehr erfahren.“

Wendepunkte und Selbstreflexion

Ein einschneidendes Erlebnis in Selams Leben war eine Gefängnisstrafe, die er heute als positive Wendung betrachtet: „Ich glaube, Gott hat mich extra hier reingetan, weil Gott mich liebt.“ Diese Zeit der erzwungenen Reflexion half ihm, sein Leben zu überdenken und neue Wege einzuschlagen.

Auch eine persönliche Tragödie prägte seinen Wandel: Als seine Frau eine Hirnblutung erlitt und ihn nach dem Koma nicht mehr erkannte, begann Selam, sein bisheriges Leben zu hinterfragen und entschloss sich zu einem Neuanfang. Seine Lebensphilosophie fasst er prägnant zusammen: „Wenn ich geschlagen werde, schlage ich doppelt so hart zurück“ – ein Grundsatz, den er nun konstruktiv in sein neues Leben als Autor und Vorbild für Jugendliche einbringt.

Zwischen Kontroverse und Anerkennung

Die Veröffentlichung des Buches ist nicht ohne Kontroversen geblieben. Nach dem Tod von Xatar warfen Familienmitglieder des verstorbenen Rappers Selam vor, den Tod seines langjährigen Weggefährten kommerziell auszunutzen. In mehreren Interviews verteidigte sich Selam gegen diese Vorwürfe: „Ich habe alles für diesen Mann gemacht. Nicht, weil ich dafür bezahlt wurde, sondern weil er mein Bruder war.“ Er betonte, dass er in den letzten zehn Jahren eng mit Xatar verbunden war und sie das Buchprojekt gemeinsam geplant hatten.

Trotz dieser Kontroversen erfährt Selam große Anerkennung für seinen Mut zur Veränderung. Der renommierte Filmemacher Fatih Akin lobte per Videobotschaft: „Das Buch ist ein Pageturner“ und kündigte sogar an, dass Selams Lebensgeschichte verfilmt werden soll – ein deutliches Zeichen für die kulturelle Relevanz dieser Biografie.

Vorbild für die Jugend

Besonders bemerkenswert ist Selams Wunsch, seine Erfahrungen zu nutzen, um Jugendlichen eine Alternative zur Kriminalität aufzuzeigen. Co-Autor Dennis Sand hebt hervor: „Seine authentische Art erreicht mehr Jugendliche auf dem Schulhof als traditionelle Sozialarbeiter.“ Diese Vorbildfunktion zeigte sich auch bei der Buchvorstellung, als zahlreiche junge Männer Schlange standen, um ein signiertes Exemplar zu erhalten.

Ein junger Besucher erinnerte sich: „Naja, ich kenne ihn noch von der Tür, da hat er mich jahrelang nicht in den Club gelassen.“ Diese Aussage verdeutlicht den beeindruckenden Wandel, den Selam vollzogen hat – vom gefürchteten Türsteher zum respektierten Autor, dessen Geschichte anderen Mut machen soll.

Zwischen zwei Welten

Xalo Selams Biografie ist mehr als nur die Geschichte eines ehemaligen Kriminellen. Sie ist ein Zeugnis kultureller Integration, persönlicher Transformation und der Kraft des Storytellings. In einer Zeit, in der Migrationsgeschichten oft einseitig erzählt werden, bietet sein Buch eine differenzierte Perspektive auf die Herausforderungen und Chancen, die das Leben zwischen verschiedenen Kulturen mit sich bringt.

Mit seiner offenen Art, über Fehler und Erfolge zu sprechen, schafft Selam eine Brücke zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Milieus. Seine Geschichte zeigt, dass Veränderung möglich ist – selbst für jemanden, dessen Leben lange Zeit von Gewalt und kriminellen Strukturen geprägt war.

„Es ist gut gewesen, dass ich in den Knast reingekommen bin“, reflektiert Selam heute. Diese ungewöhnliche Dankbarkeit für einen scheinbaren Tiefpunkt unterstreicht seine Fähigkeit, selbst in schwierigen Situationen Chancen zu erkennen – eine Botschaft, die besonders für junge Menschen in prekären Lebensumständen wertvoll sein kann.

Xalo Selam